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Offroad fahren mit dem Camper

Published on
October 17, 2024

Offroad-Fahren mit einem Kastenwagen ist eine spannende Herausforderung, die mit der richtigen Herangehensweise mehr Möglichkeiten bietet, als man zunächst denken mag. Natürlich sind Campervans keine Geländewagen wie ein Jeep Wrangler oder Toyota Land Cruiser, daher gibt es zwar Grenzen, diese liegen aber dann oft doch weiter als man denken mag. Besonders im Sand kommst du auch ohne Allrad enorm weit. Sobald der Untergrund matschig ist, kann es hingegen kompliziert werden. Die erste Grenze, die es zu überwinden gilt, ist die mentale Hürde. “Was wenn ich stecken bleibe und etwas kaputt geht?” Fahrzeuge sind robust und mit dem richtigen Equipment und der Hilfe von Freund*innen kommst du aus so gut wie jedem Loch wieder heraus – aber Vorsicht ist natürlich immer geboten.

Camper an idylischem Strand mit Büschen im Hintergrund, Beifahrertür ist geöffnet

Herausforderungen im Gelände

Überprüfe den Überstand, um Bodenfreiheit und Kletterfähigkeit einzuschätzen. Die Motorleistung sollte für schwieriges Gelände ausreichend sein. Identifiziere kritische Punkte am Fahrzeug, die anfällig für Beschädigungen sind. Auch das Kennen der Fahrzeughöhe, um Probleme mit niedrigen Durchfahrten zu vermeiden, ist wichtig. Überlege zudem, ob Schutzmaßnahmen wie Gitter oder Abdeckungen nötig sind, um das Fahrzeug oder Anbauteile wie Solarplatten vor niedrigen Ästen zu schützen. 

Bodenfreiheit: Abstand zwischen dem niedrigsten Punkt des Fahrzeugs und dem Boden. Eine der größten Herausforderungen beim Offroad-Fahren ist die Bodenfreiheit. Steine, ausgewaschene Wege oder tiefe Fahrspuren können problematisch sein. Die Installation von Spacern kann eine kostengünstige Lösung sein, um die Karosserie anzuheben, ohne den Federweg zu erhöhen. Die Auswahl der richtigen Bereifung kann ebenfalls zu mehr Bodenfreiheit beitragen.

Federweg: Der Federweg bezieht sich auf die maximale Bewegungsdistanz der Radaufhängung. Also wie weit sich diese relativ zur Fahrzeugkarosserie nach oben oder unten bewegen kann. Ein großer Federweg verbessert die Traktion und sorgt für eine stabile und komfortable Fahrt auf unebenem Untergrund. Der Federweg ist für Kastenwagen immer etwas problematisch und nur mit relativ teuren Umbauten zu verbessern, es gibt aber Modelle, die von Werk aus etwas höher sind als andere. Hier lohnt es sich, breits vor dem Kauf zu vergleichen.

Motorschutz: Normalerweise ist der Motorschutz aus Plastik. Im Sand kann dieser schnell mal abreißen und dir unter Umständen im Rückwärtsgang die gesamte Frontschürze mitnehmen. Damit er nicht abreißt, empfiehlt es sich, den herkömmlichen Schutz gegen ein Modell aus Metall zu tauschen. Dieser schützt den Motor außerdem, falls du mal auf einem Stein oder hartem Untergrund aufsetzt. Bei Heckantrieb ist beim Aufsetzen außerdem die Kardanwelle gefährdet. Auch hierfür gibt es Schutzbleche zum Nachrüsten.

Bereifung: Offroad-Reifen bieten mehr Schutz und Grip, aber für überwiegende Straßenfahrten sind Straßenreifen mit etwas gröberem Profil die bessere Wahl. Wichtig ist die Traglast der Reifen in Bezug auf das Fahrzeuggewicht.

Fahren auf Sand

Das Fahren auf sandigem Untergrund kann eine sehr lohnende Offroad-Erfahrung sein, denn es ist gar nicht so schwer wie vielleicht zunächst angenommen. Trotzdem kann die Beschaffenheit des Sands stark variieren, und unterschiedliche Strategien sind erforderlich, um effektiv zu fahren.

Camper am Strand mit Schneeketten und durchdrehenden Reifen
Schneeketten können auch im Sand Wunder wirken

Reifendruck anpassen: Der Schlüssel zum erfolgreichen Sandfahren ist die Vergrößerung der Aufstandsfläche des Reifens. Dies erreichst du, indem du den Reifendruck reduzierst. Bei weichem Sand und herkömmlichen Reifen ist ein Druck von 1,5 Bar oft ideal, aber dies kann je nach Fahrzeug und Sandbeschaffenheit variieren. Offroad-Reifen sind so beschaffen, dass ihr Druck auch deutlich weiter abgelassen werden kann. Es ist wichtig, den Druck nicht zu weit zu reduzieren, da ansonsten die Gefahr besteht, dass der Reifen von der Felge rutscht. Das Risiko lässt sich reduzieren, indem du mit niedrigem Druck nur während der Fahrt und niemals im Stand lenkst.

Fahrtechnik: Bei der Fahrt im Sand ist es wichtig, ein gleichmäßiges Tempo zu halten und abrupte Lenk- oder Geschwindigkeitsänderungen zu vermeiden, da sie dazu führen können, dass du dich festfährst. Falls das Fahrzeug einzusinken beginnt, ist es besser, vom Gas zu gehen und langsam zurückzusetzen. Denn vielleicht findet sich einen anderer Weg als die Drehzahl zu erhöhen und sich noch tiefer einzugraben.

Ausrüstung: Sandbleche* sind unverzichtbar, da sie als Unterlage dienen können, um das Fahrzeug aus dem Sand zu befreien. Eine Schaufel* ist ebenfalls ein Muss, um Sand um die Reifen oder unter dem Fahrzeug wegzuschaufeln. Mit Schneeketten* verschaffst du dir im Sand zusätzlichen Grip.

Campervan am Strand, Frau öffnet die Fahrertür und ist dabei einzusteigen

Bergung:
Um sich aus Sand zu befreien, ist eine strategische Vorgehensweise und das richtige Equipment entscheidend:

  • Bewahre Ruhe und stoppe sofort: Wenn du bemerkst, dass das Fahrzeug im Sand einsinkt, ist es wichtig, sofort vom Gas zu gehen (möglichst nicht bremsen), um ein weiteres Absinken zu verhindern. Je tiefer du dich eingräbst, desto schwieriger wird die Bergung.
  • Bewerte die Situation: Steige aus und beurteile, wie tief die Räder eingesunken sind und ob es Hindernisse gibt, die das Vorankommen behindern. Schaue auch unter dem Fahrzeug nach, ob du aufgesetzt bist, denn dann musst du dich dort freigraben.
  • Luftdruck reduzieren: Wenn es noch nicht geschehen ist, reduziere den Reifendruck, um die Auflagefläche der Reifen zu vergrößern und so die Traktion zu verbessern. Achte jedoch darauf, dass der Druck nicht zu niedrig ist.
  • Schaufle den Sand weg: Verwende eine Schaufel, um Sand vor oder hinter den Reifen wegzuschaufeln. Achte besonders darauf, dass vor den Reifen eine klare Bahn ist, in die das Fahrzeug rollen kann und das Fahrzeug nicht am Unterboden aufsitzt.
  • Verwende Bergungsausrüstung: Lege Sandbleche oder Traktionsmatten unter die Antriebsräder. Diese Hilfsmittel bieten den Reifen eine feste Oberfläche, auf der sie Grip finden können. Wenn es der Untergrund erlaubt, bietet es sich an das Auto mit einem Wagenheber* anzuheben, um die Matten oder Sandbleche unter den Reifen zu schieben.
  • Schaukele das Fahrzeug: Wenn möglich, versuche, das Fahrzeug sanft vor- und zurückzubewegen, um Schwung zu erlangen. Dies kann helfen, das Fahrzeug aus der Vertiefung zu befreien. Vermeide jedoch abruptes oder aggressives Anfahren, das das Fahrzeug tiefer eingraben könnte.
  • Vorsichtig Gas geben: Wenn alles vorbereitet ist, gib langsam und kontrolliert Gas, um das Fahrzeug auf die Bergungsmatten oder Sandbleche zu fahren. Halte die Bewegungen sanft, um zu vermeiden, dass die Räder durchdrehen und Sie sich weiter eingraben.

Sonnenuntergang am Strand Die Umrisse von drei Personen sind erkennbar. Eine Person bereitet ein Lagerfeuer vor.

Reifendruck erhöhen: Sobald du dich befreit hast, denke daran, den Reifendruck wieder auf einen sicheren Wert zu erhöhen, bevor du auf festerem Untergrund weiter fährst. Dies ist besonders wichtig, um Schäden an den Reifen zu vermeiden und die Fahrsicherheit zu gewährleisten. Das geht beispielsweise an der nächsten Tankstelle. Deutlich materialschonender sind aber tragbare Luftkompressoren, denn so kannst du den Druck direkt vor Ort wieder auffüllen und außerdem prüfen, wie weit du den Druck ablässt.